Wenn die Skepsis der Begeisterung weicht oder unser Besuch des Lindsey Stirling Konzerts in Hannover 


Wir sollten uns viel öfter überraschen lassen


Während wir vor dem Eingang der Bühne standen, ließ ich meinen Blick erst nach links und dann nach rechts schweifen. Frauen soweit das Auge reichte und an jeder Damenhand hing ein skeptisch dreinblickender Gegenpart. Ich musste schmunzeln, denn ehrlich gesagt war es in unserer Konstellation genau andersherum. Mein Liebster ist tatsächlich begeisterter Geigen-Fan und hatte dieses Konzert zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ich war überrascht, was man nicht alles so im Laufe einer Beziehung über seinen Partner, den man so gut zu kennen glaubt, erfährt.


Am Anfang war die Skepsis...


Zunächst nahm ich alles mit einem – ich gebe es zu – missmutigen und leicht skeptischen Blick wahr, hatte ich doch bisher so rein gar nichts mit Geigenklängen oder allgemein klassischer Musik am Hut. Meine Zeit beim Radio hat mich doch mehr geprägt als ich es manchmal gerne zugeben möchte – die typischen Dauer-Dudel-Songs, klassische Evergreens und die obligatorischen Gute-Laune-Montag-Morgen-Lieder sind einfach meine Welt, in der ich mich wohlfühle. Trotzdem habe ich mir im Vorfeld den einen oder anderen Song von Lindsey Stirling angehört und musste mir selbst eingestehen, dass es gar nicht soooo schlimm war, wie ich erwartet hatte. 

Auf die Plätze, fertig, Ameisen!

 

Umringt von so vielen Menschen, quetschten wir uns schließlich durch den Eingang und besorgten uns erst mal eine kühle Erfrischung für die Kehle, ehe wir uns auf der alten Holz-Tribüne genau gegenüber der Performance-Stage niederließen. Wir waren uns schnell darüber einig geworden, dass wir weder direkt vor der Bühne stehen, noch in der Menge über Platzmangel klagen wollten. Also rauf auf die Tribüne und erst mal „gemütlich“ Platz nehmen. Über uns braute sich was zusammen, für den Abend waren vereinzelt Gewitter angesagt und ich war natürlich ein richtiger Schatz und habe im Vorfeld Regencapes besorgt. Einziges Manko, was meinen eitlen Liebling an diesem Dresscode hindern würde, war schlicht und ergreifend die Farbe: Pink. Für den Fall der Fälle hatte ich sie trotzdem eingepackt und während wir an unseren kühlen Blonden nippten, begann die Ameisenkolonie neben mir ebenfalls ein heiteres Fest zu feiern. Es gesellten sich immer mehr kleine Kumpels dazu und schnell stellte sich raus, dass ich einen verdammt blöden Platz hatte.

 

...und dann kam die Begeisterung...

 

Nach ca. einer Stunde betrat die Vorband die Bühne und meine kleinen Ameisen-Freunde hatten den Rückzug angetreten. Ein Singer-Songwriter, der mit sanften Tönen und leisen Klängen leider nicht ganz zum Folge-Programm passte, erhielt den meisten Applaus, wenn er Lindsey’s Namen in den Mund nahm. Nach einer weiteren 45-minütgen Wartezeit, ging es schließlich endlich los und zu meiner eigenen Überraschung musste ich feststellen, dass ich mich die kleine hüpfende Lindsey Stirling vom ersten Moment an fesselte. Ihre Musik war nicht nur temperamentvoll und atmosphärisch, sondern vor allem tiefgründig, wie ich zu einem späteren Zeitpunkt noch feststellen sollte. In Sekundenschnelle nahm das kleine Persönchen wirklich die gesamte Bühne für sich ein und begeisterte die versammelte Menschenmenge mit ihrer Bühnen-Show. Ja, auch ich war begeistert, denn sie hatte etwas Mitreißendes, etwas Beeindruckendes, das man so wirklich gar nicht in Worte fassen kann, sondern gesehen haben muss, um es zu verstehen. Es war einfach ein toller Abend, den ich trotz anfänglicher Skepsis wirklich sehr genossen habe! Was aber neben Lindsey besonders in Auge sprang, waren ihre Fans, die wir an diesem Abend mit wachsender Begeisterung in 6 Kategorien einteilten.

  1. Der kreisende Schmetterling: Wildes Gehüpfe, wehende Haare und wirbelnde Gliedmaßen – die Ladies haben so richtig Gas gegeben und sind über das gesamte Gelände geflogen. Mit ausgebreiteten Armen haben sie es erstaunlicherweise dennoch nicht geschafft andere Fans zu treffen. Man konnte sie zwar mit den Augen verfolgen, aber es war schier unmöglich auch nur alle Moves so richtig wahrzunehmen. Ein herrlicher Anblick!
  2. Der übrig gebliebene Headbanger: Fraglich, ob diese Jungs nicht tatsächlich vom letzten Rock Festival übrig gebliebenen waren, denn wenn eines definitiv nicht zu Lindsey Stirling’s Musik passt, dann sind es wohl auf und ab wippende Köpfe mit passender Matte on Top. Aber hey, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Ob die Jungs wohl auch zuhause Lindsey Stirling auflegen und dann ihre Luftgitarre auspacken? 
  3. Die verirrten Hoper: An der letzten Ampel falsch abgebogen? Das habe ich mich sofort gefragt als die vordersten Reihen mit der typischen Hip-Hop Geste die rechte Hand im Takt der Musik zur Bühne vor und wieder zurück wiegten. Macht nüscht, Spaß ist, wenn man trotzdem lacht ;)
  4. Der schweigsame Verwurzelte: Erinnert ihr euch noch an die skeptischen Gegenparts, die ich eingangs erwähnte? Genau das taten sie das gesamte Konzert über. Schweigsam, stillstehend und vielleicht doch ganz tief im Inneren bewegt von Lindsey’s Geige.
  5. Der trendige Hipster: Gekleidet wie die Musikerin selbst, Haare gefärbt und am liebsten noch mit der eigenen Geige bei jedem Takt vorne mit dabei – diese besondere Gattung würde auch mit Recht die Definition ‚Harcore-Fan‘ tragen können.
  6. Der stille Genießer: Das waren so ungefähr alle, die mit uns gemeinsam die Tribüne erobert hatten. Ab und an wiegten man einen Fuß im Takt der Musik oder klatschte natürlich nach Ende eines Stückes, aber grundsätzlich genoss man einfach das Konzert aus der Entfernung.

...und schließlich war ich beeindruckt.

 

Besonders beeindruckt haben mich aber ein paar Statements, die Lindsey zwischen den Songs an all ihre Fans gerichtet hat. Ich hatte mich im Vorfeld zwar mit ihrer Musik beschäftigt, aber nicht mit der Künstlerin an sich und so hatte ich natürlich auch keine Ahnung, dass hinter ihrem besonderen Stil eine Geschichte steckt. Sie erklärte ihren Fans, dass sie nicht immer so mutig war ihre Individualität derart auszuleben, denn auch sie hatte eine schwere Vergangenheit, die es jahrelang zu überwinden galt. Depressionen und Zweifel – das kennt wohl fast jeder (ob Lindsey-Fan oder nicht), denn es ist nur menschlich ab und an den Mut und den Glauben an sich selbst zu verlieren. Nach jedem noch so tiefen Fall kommt es allerdings immer wieder darauf an, dass wir aufstehen. Ob uns dabei eine helfende Hand entgegen gestreckt wird oder ob wir uns von alleine wieder aufrichten müssen, sei mal dahin gestellt, wichtig ist der Mut zum Aufstehen.

 

Glaub an dich!

 

Glaube an dich selbst und du kannst deine Ziele erreichen, glaube an das, was du liebst und du kannst Berge versetzen. Du denkst, dass es nicht so einfach ist? Lindsey Stirling war sich sicher, dass jeder von uns genau das erreichen kann, was er sich wünscht, wenn man daran festhält und nichts unversucht lässt, um seine Träume und Wünsche zu erfüllen. Ehrlich gesagt glaube ich auch daran, denn im Grunde genommen sind wir doch alle auf der Suche nach dieser einen Faszination, nach dieser einen Besonderheit oder nach diesem einen Mysterium, das uns mit Freude, Liebe und Geborgenheit erfüllt. Ob es Musik ist, ein anderer Mensch genau das in uns weckt oder unsere Berufung das ersehnte Ziel darstellt, das entscheidet jeder für sich allein. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass wir nächstes Jahr definitiv wieder ein Lindsey Stirling Konzert besuchen werden und, dass meine persönliche Playlist um ein paar wundervolle Geigen-Klänge erweitert wurde.

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